Niedringhaus, Anja (2016)

Anja Niedringhaus, 1965 in Höxter geboren, entschied sich früh für den journalistischen Beruf. Bereits mit 17 begann sie für die Neue Westfälische Zeitung ihrer Heimatstadt zu schreiben. In Göttingen studierte sie Germanistik, Philosophie und Journalismus.
Fortan wurde Anja Niedringhaus mit Fotoserien aus den verschiedensten Kriegsgebieten rund um den Globus bekannt. Sie berichtete aus Jugoslawien, Palästina, Afghanistan, Kuweit, Libyen oder dem Irak. Dabei geriet ist immer wieder zwischen die Fronten und mehrfach lebensgefährlich verwundet. 1999 wurde sie mit einer Gruppe von Kollegen im Grenzgebiet zwischen Albanien und dem Kosovo irrtümlich von Flugzeugen der NATO bombardiert. 2001 fotografierte sie die Folgen des Terroranschlags vom 11. September in New York.
2005 wurde sie mit weiteren Journalisten für ihre Berichterstattung mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet.
Am 4. April 2014 wurde Anja Niedringhaus in Afghanistan erschossen. Sie war unterwegs, um von den ersten Präsidentschaftswahlen zu berichten, als ein Polizist mit den Worten „Allahu Akbar“ eine Feuersalve auf sie und ihre Kollegin abgab. Der Schütze gab an, aus Rache für den Tod von Familienangehörigen durch Natoverbän-de gehandelt zu haben.
Seit 2014 wird der Anja-Niedringhaus-Preis als Auszeichnung für Fotojournalistinnen vergeben.

Das Museum Goch zeigt 40 Fotografien aus der Serie „Geliebtes Afghanistan“. Damit setzen wir unsere lose Ausstellungsreihe zum Thema der zeitgenössischen Fotografie fort. 2010 zeigten wir im Rahmen der umfangreichen Übersichtsausstellung zur südafrikanischen Fotografie u.a. den Bildjournalisten Sam Nzima, der 1976 mit seinem Foto aus Soweto vom sterbenden Hector Pieterson eine Ikone der Gegenwartsfotografie schuf. Mit Jodi Bieber oder Cedric Nunn waren international bekannte Fotografen im Museum Goch zu Gast und erst jüngst haben wir mit einer Serie „VIVA EUROPA VIVA“ des deutschen Fotografen Jürgen Schadeberg das Thema der journalistischen Fotografie zwischen Bildjournalismus und künstlerischer Fotografie gewürdigt.
Mit ihren eindringlichen Fotos erzählt die Journalistin von der erdrückenden Realität in Afghanistan, das bis heute zwischen ersten demokratischen Schritten und der Brutalität der Taliban nicht zur Ruhe kommt. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung beschrieb Anja Niedringhaus noch wenige Wochen vor ihrem Tod auf die Frage, wie sie diese Realität überhaupt verarbeite, „Ich passe auf, dass ich nicht zu viele Emotionen hineinbringe. Immer wieder mache ich mir bewusst, dass ich nicht die Hauptfigur bin. Ich soll nur draußen stehen und erzählen. Außerdem spreche ich viel mit Kollegen, um mir Sachen von der Seele zu reden. Manchmal versteht man erst viel später, beim Editieren der Fotos, was man überhaupt gesehen hat. Die Szenen kommen dann mit voller Wucht zurück. Da muss man aufpassen“.
Anja Niedringhaus hat mit ihrer Fotografie unser Bild von Afghanistan wesentlich geprägt. Mehr als Worte haben sich ihre Bilder in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt. Dabei zeugen diese Fotos keineswegs nur von Gewalt und Terror. Sie zeigen auch den liebvollen Blick der Journalistin auf ein Land, das sie selbst immer wieder bereiste. Sie wolle mit ihren Bildern Geschichten erzählen, Geschichten, die sie als Zeitzeugin erleben durfte: „Kriege und Krisen haben viele Facetten, die man beleuchten muss. Doch die interessanten Geschichten passieren oft nicht im Feuergefecht. Ich bin viel mehr am Leben der Leute vor Ort interessiert als an der Ballerei. Ich sitze sicher nicht hier und warte auf den nächsten Anschlag.“

2 Kommentare
  1. Christian Planer-Klostermeier
    Christian Planer-Klostermeier sagte:

    Durch Zufall bin ich mit Freunden in diese Ausstellung „geraten“. Wir waren alle überwältigt. Soviel Eindringlichkeit, Klarheit und Aussagekraft. Ich wünschte mir, sie würde verlängert, damit ich sie noch meiner Familie zeigen kann. Einfach großartig.

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